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Provenienzforschung_MSPT
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gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste

Provenienzforschung_MSPT
A C F : G A L E R I E
A C F : I N F O B O X

Ansprechpartner

Museumsstiftung Post und Telekommunikation
Projekt Provenienzforschung
Dr. Veit Didczuneit
Abteilungsleiter Sammlungen
Telefon: +49(0)30 713 027 10
E-Mail: v.didczuneit*mspt.de

Weiterführende Informationen

Aufarbeitung der Sammlungsbestände

Provenienzforschung, also die Beschäftigung mit der Herkunft der Objekte, ist integraler Bestandteil der Sammlungsarbeit. Ist diese Herkunft womöglich mit Gewaltkontexten verbunden, wie beispielsweise im Kolonialismus oder in der NS-Zeit, kommt ihr eine besondere Bedeutung zu. Die Museumsstiftung Post und Telekommunikation kommt ihrer politischen und moralischen Verpflichtung nach und überprüft ihre Sammlungen auf möglicherweise kritische Erwerbskontexte.

 

NS-Provenienzen

Die Zeit des Nationalsozialismus hat auch in den Sammlungen der Museumsstiftung Spuren hinterlassen: Es fanden sich sowohl Kriegsbeute als auch von Finanzämtern eingezogenes jüdisches Eigentum und verdächtige Ankäufe bei belasteten Kunsthändlern.

In einem mehrjährigen, vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Projekt hat die Museumsstiftung ihre Sammlungsbestände auf NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter überprüft.

Helgolandmarken mit Handzeichen von Julius Goldner (1842–1898)
Helgolandmarken mit Handzeichen von Julius Goldner (1842–1898)

Bei der Aufarbeitung der Erwerbungen der Jahre 1933 bis 1945 wurden Hunderte Erwerbsakten gesichtet und überprüft. Gefunden wurde eine Sammlung von Briefmarken-Druckstöcken und -Druckplatten aus dem Besitz des jüdischen Briefmarkengroßhandels Julius Goldner in Hamburg, ein Posthausschild aus dem Jahre 1754 aus dem Besitz der jüdischen Familie Jean in Zweibrücken und die Reste einer Ganzsachensammlung aus Belgrad. Die Erwerbsbücher des Reichspostmuseums sind online einsehbar.

Offen bleibt die Frage nach NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut bei Erwerbungen, die ab den 1950er Jahren getätigt wurden und Objekte betreffen, die möglicherweise vor 1945 entzogen worden waren und in den Kunsthandel gelangten. Hier müssen in den kommenden Jahren noch zahlreiche Erwerbungen überprüft werden.

Ziel der Provenienzforschung in der Museumsstiftung ist es, entsprechend der Washingtoner Prinzipien von 1998 und der Gemeinsamen Erklärung von 1999, die Restitution von Objekten mit belasteter Provenienz sowie die Findung fairer und gerechter Lösungen voranzutreiben und umzusetzen.

 

Enteignungen in der DDR

Auch für die Zeit der DDR gibt es Hinweise auf entzogene und geraubte Kulturgüter, vor allem zu Briefmarkensammlungen, die im damaligen Postmuseum der DDR lagerten. Bisher ließen sich im Bestand jedoch keine solche Stücke identifizieren. Es ist denkbar, dass diese Objekte sowie umfangreiche Briefmarkenbestände aus den Sammlungen des Museums in den 1970er und 1980er Jahren auf Weisung des Ministeriums für Post- und Fernmeldewesen an das Zentrale Postverkehrsamt gegeben wurden und zur Devisenbeschaffung durch den VEB Philatelie Wermsdorf kommerziell verwertet wurden. Auch in den Sammlungen heute fehlende Poststempel, die in den 1970er Jahren noch vorhanden waren, könnten diesen Weg aus dem Museum genommen haben.

Tafelaufsatz aus dem Besitz Heinrich von Stephans, erworben 1930 und 1990
Tafelaufsatz aus dem Besitz Heinrich von Stephans, erworben 1930 und 1990

Die vom Postmuseum im März 1990 über die Kunst und Antiquitäten GmbH in Berlin (Ost) erworbenen Exponate bedürfen ebenfalls einer Provenienzuntersuchung. So wurde dort für 7.000 Mark der DDR ein Tafelaufsatz angekauft – ein Geschenk der Beamten für Heinrich von Stephan und seine Frau zur Silberhochzeit am 24.9.1888, – der zuvor bereits 1930 vom Reichspostmuseum erworben worden war. Wie und wann das Objekt in den Handel gelangte, ist bisher unklar.

Nach jetzigem Stand zeichnet sich ab, dass das Postmuseum von Enteignungen nicht profitierte, sondern selbst umfangreich staatlich verordnete Verluste hinnehmen musste.

 

Koloniales Sammlungsgut

In den Sammlungen der Museumsstiftung gab und gibt es Objekte, die aus ehemaligen Kolonialgebieten stammen oder kolonialen Zwecken dienten. Der Sammelauftrag des Reichspostmuseums umfasste das „Nachrichtenwesen aller Zeiten und Völker“. Objektspenden von Postbeamten aus den Kolonien waren daher ebenso willkommen wie Geschenke von Postverwaltungen kolonialisierter Territorien.

Auch wenn nicht zwangsläufig davon auszugehen ist, dass die Objekte unrechtmäßig oder mit Gewalt erworben wurden, ist auch bei gekauften oder im Tausch erworbenen Stücken eine Bewertung in einem von Unfreiheit und eklatanten Machtasymmetrien geprägten Gesamtkontext schwierig.

Kolonialabteilung im Reichspostmuseum Berlin im Jahre 1938
Kolonialabteilung im Reichspostmuseum Berlin im Jahre 1938

In den Jahren 1958/59 und 1962 mussten fast alle dieser aus dem Reichspostmuseum stammenden Objekte vom Postmuseum der DDR an das Verkehrsmuseum Dresden und das Völkerkundemuseum in Leipzig abgegeben werden. Sie sind nicht mehr Teil unserer Sammlungen. Die heute vorhandenen Objekte – überwiegend Rufhörner und Nachrichtentrommeln aus dem mittleren Teil Afrikas und aus Papua-Neuguinea – wurden ab den 1960er Jahren im Kunsthandel erworben. Die ursprüngliche Provenienz dieser Objekte ist daher unklar.

Unser Ziel ist es, koloniale und postkoloniale Objekte, die durch Unrecht oder asymmetrische Herrschaftsverhältnisse erlangt wurden, an die rechtmäßigen Eigentümerinnen und Eigentümer oder deren Nachfahren zurückzugeben. Da sich keines der Objekte hinreichend datieren und lokalisieren lässt, steht die Erforschung ihrer Provenienz sowie ihrer Funktion in den Herkunftsethnien noch ganz am Anfang.

 

Kriegsverluste

Alexander Kircher: „LZ 127 Graf Zeppelin trifft den Eisbrecher Malygin auf der Arktisfahrt 1931", entwendet 1945
Alexander Kircher: „LZ 127 Graf Zeppelin trifft den Eisbrecher Malygin auf der Arktisfahrt 1931″, entwendet 1945

Während des Zweiten Weltkriegs erlitt das Reichspostmuseum erhebliche Verluste. Bei Luftangriffen und Häuserkämpfen wurde das Museum bis auf die Umfassungsmauern zerstört, wobei zahlreiche Sammlungsobjekte vernichtet und in der unmittelbaren Nachkriegszeit auch aus der Gebäuderuine gestohlen wurden.

Zuvor hatte man jedoch die wertvollsten Teile der Sammlung nach Schloss Waltershausen in Bayern ausgelagert. Nach Kriegsende 1945 kam es dort zu Diebstählen durch amerikanische Soldaten, bei denen rund 70 Gemälde entwendet wurden. Einige dieser Gemälde sind seither im Kunsthandel aufgetaucht, allerdings blieben die Bemühungen der Museumsstiftung um eine Restitution erfolglos. Soweit Fotos der Gemälde vorlagen, wurden diese in der Datenbank Lost Art des Deutschen Zentrums für Kulturgutverluste registriert.

Die wertvollsten Teile der Briefmarkensammlung wurden Anfang 1945 in zwei Salzbergwerken in Eisleben eingelagert. Nach der Besetzung durch amerikanische Truppen verschwanden Teile davon. Während des Transportes zum Central Collecting Point Wiesbaden brachte der kommandierende Offizier, Lt. Daniel E. Sweeney mit dem Mauritius-Tableau u.a. eine blaue und eine rote Ausgabe der legendären Briefmarke an sich. Auch im Central Collecting Point Wiesbaden kam es zu Diebstählen, bei denen über 2.000 der wertvollsten Briefmarken aus 35 Ländern entwendet wurden. Sie ließen sich trotz einiger Verdachtsfälle nicht wiederfinden. Lediglich das Mauritius-Tableau tauchte 1976 wieder auf, wurde beschlagnahmt und 1990 an das Museum zurückgegeben.

 

Verluste in jüngerer Vergangenheit

Im Zuge der Postreform II wurden 1995 die existierenden Museen und Sammlungen der Post in eine Stiftung öffentlichen Rechts umgewandelt. Das Stiftungsgesetz (§ 3 PTStiftG) bestimmte die Museumsstiftung zur Eigentümerin aller historischen Objekte der Bundespost, unabhängig von ihrem Standort. In zahlreichen Ämtern und Dienststellen gab es kleinere historische Ausstellungen, meist einige Schauvitrinen in Eingangshallen oder Veranstaltungsräumen. Manche Sammlungen hatten jedoch einen erheblichen Umfang und Wert.

Karteikarte des Postmuseums Stuttgart mit Ausleihvermerk an das Fernmeldeamt Landshut 1984
Karteikarte des Postmuseums Stuttgart mit Ausleihvermerk an das Fernmeldeamt Landshut 1984

Während der Aufteilung der Post in zwei Unternehmen und den folgenden umfangreichen Umstrukturierungen kam es auch zu Verlusten und unrechtmäßigen Aneignungen einzelner Objekte oder ganzer Sammlungen. Die meisten Dienstellenleitungen hatten vorhandene Sammlungen nicht gemeldet, sodass die Museumsstiftung erst Jahre später davon erfuhr.

Einige Objekte konnten wir erfolgreich zurückgewinnen. In anderen Fällen, meist wenn nicht rechtmäßig erlangte Objekte verkauft wurden, blieben unsere Bemühungen zur Rückgabe erfolglos.

 

 

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Die Druckstöcke von Helgoland

Provenienzforscher Peter Hirschmiller berichtet von seinen Forschungsergebnissen

 


 

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